Bundespräsident Steinmeier hat der Fotografin und Dokumentarfilmerin Herlinde Koelbl (BFF-Hall Of Fame) zum 85. Geburtstag gratuliert.
Der Bundespräsident schreibt:
Meine Glückwünsche gelten einer leidenschaftlichen Chronistin, die mit ihrem Wirken seit Jahrzehnten unsere Wahrnehmung schärft, uns zum Nachdenken anregt und uns vor allem eines zeigt: die immense Kraft der Fotografie, das Leben in all seinen Facetten zu dokumentieren.
‚Ein Porträt sollte eine Erzählung sein‘, haben Sie einmal gesagt. Dies wird besonders in Ihren Langzeitprojekten deutlich. In der Serie ‚Spuren der Macht‘ haben Sie deutsche Politikerinnen und Politiker über mehr als ein Jahrzehnt porträtiert und mit ihnen gesprochen. In diesen Fotografien und Gesprächen zeigen Sie die Veränderungen der Porträtierten und legen dabei offen, wie Macht Menschen körperlich, emotional und persönlich prägen kann.
In den Serien ‚Das deutsche Wohnzimmer‘, ‚Haare‘ oder ‚Feine Leute‘ haben Sie sich mit den alltäglichen Aspekten des menschlichen Lebens beschäftigt. Herausgekommen ist dabei ein intimer, aber nicht entblößender Blick in die privaten Räume der Menschen und in das Nicht-Sichtbare, in das, was darunterliegt – soziale Konventionen, kulturelle Unterschiede, persönliche Sehnsüchte.
Mit dem berührenden Langzeitprojekt ‚Jüdische Porträts‘ haben Sie den Menschen, die den Holocaust überlebt haben und die das intellektuelle und geistige Klima in unserem Land geprägt haben, ein Gesicht und eine Stimme gegeben. Es sind eindrückliche Porträts deutsch-jüdischer Persönlichkeiten wie Grete Weil, Marcel Reich-Ranicki oder Simon Wiesenthal, die von Antisemitismus und Hass gegenüber Juden sprechen. Gerade in diesen Zeiten sind die ‚Jüdischen Porträts‘, der Blick in die Gesichter dieser Menschen und ihre Aussagen, wichtiger denn je. Es ist unerträglich, dass Jüdinnen und Juden heute wieder in Angst leben – ausgerechnet in unserem Land.
Verehrte Frau Koelbl, Ihre Arbeiten sind ein Spiegel des Menschseins und damit ein Ort der Selbstverständigung und Selbstvergewisserung einer Gesellschaft. Durch Ihre Linse sehen wir uns selbst – als Individuen, aber auch als Teil einer größeren Gemeinschaft.
Sie haben ikonographische Aufnahmen aus dem politischen Leben und dem Alltag der Menschen gemacht, die zum kollektiven fotografischen Gedächtnis unseres Landes zählen. Ihre Bilder wurden in zahlreichen internationalen Ausstellungen in Galerien und Museen gezeigt und sind in vielen wichtigen Sammlungen vertreten. Ihr Werk, darunter auch viele Dokumentarfilme und Videoinstallationen, ist mit vielen großen Preisen ausgezeichnet worden.
Mit Ihrem Wirken tragen Sie zum kulturellen Ansehen unseres Landes bei. Nehmen Sie an Ihrem Geburtstag meinen großen Dank und meinen Respekt entgegen.“