Die BFF Justiziarin Dorothe Lanc informiert:

Dorothe Lanc © Klaus Mellenthin

28.06.2025 – Stichtag für die digitale Barrierefreiheit

Ab 28.06.2025 findet das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) Anwendung. Es fordert und fördert in erster Linie die digitale Barrierefreiheit, um auch Menschen mit Behinderung oder mit wenig Erfahrung im Umgang mit digitalen Medien Teilhabe am Wirtschaftsleben zu ermöglichen.

Die ganz überwiegende Zahl der Fotoprofis mag auf den ersten Blick nicht von den Umsetzungspflichten des Gesetzes betroffen sein. Gleichwohl kann es für sie – wie auch für jeden anderen Unternehmer – sinnvoll sein, sich mit dem Thema der Barrierefreiheit zu beschäftigen und beispielsweise die eigene Website barrierefrei zu gestalten.

Inklusion im Internet und digitalen Medien
Das BFSG setzt die im Jahr 2021 beschlossene EU-Richtlinie zur Förderung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und Einschränkungen am gesellschaftlichen Leben (RL [EU] 2019/882 – Accessibility Act) in deutsches Recht um. Die Nutzung von Internet und digitalen Medien sind inzwischen im täglichen Leben selbstverständlich geworden. Zweck des Gesetzes ist es, im Interesse der Verbraucher und Nutzer die Barrierefreiheit von Produkten sowie Dienstleistungen zu gewährleisten. Menschen mit Behinderungen sollen in ihrem Recht auf Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gestärkt werden.

Digitale Barrierefreiheit
Das BFSG definiert Produkte und Dienstleistungen dann als barrierefrei, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind.

So müssen Produkte, die unter das Gesetz fallen (z.B. Mobiltelefone, Computer und andere Hardware, Selbstbedienungsterminals wie Geldautomaten etc.), beispielsweise für Menschen mit eingeschränkter Sehkraft problemlos nutzbar sein und auch die Gestaltung von Produktinformationen sowie Produktverpackungen ein solches Handicap angemessen berücksichtigen.

Ebenso müssen Online-Shops und Anbieter von Dienstleistungen, die über Websites im Internet angeboten werden, erhöhte Anforderungen erfüllen. Hier müssen sämtliche Funktionen, die den gesamten Bestell- und Verkaufsprozess betreffen oder mit ihm in Zusammenhang stehen, barrierefrei sein.

Dies beginnt mit dem Bereitstellen von Informationen über das Produkt oder die Dienstleistung, wie z.B. Videos oder sonstige Informationen zum Angebot einschließlich der Formulare für Angebotsanfragen. Ebenso muss der sodann folgende Vertragsabschluss durch z.B. Terminbuchungs- oder Kaufformulare bis hin zum Bezahlvorgang selbst barrierefrei sein.

Das BFSG verlangt, dass hier beispielsweise sämtliche Informationen mindestens in einem zweiten sensorischen Kanal bereitzustellen sind (d.h. z.B. neben Text auch eine Vorlesefunktion), der Text gut lesbar sein muss (dies betrifft Schriftgröße und -typ, Kontrast, Buchstaben- und Zeilenabstand) und die Informationen wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust sein müssen.

Für wen gilt das BFSG?
Das BFSG gilt nur im B2C-Bereich, d.h. für Unternehmen, die ihre Produkte oder Dienstleistungen an Verbraucher adressieren. Für Unternehmen, die ausschließlich im B2B-Bereich tätig sind, gilt das Gesetz nicht.

Außerdem findet es keine Anwendung auf sog. Kleinstunternehmen. Hierunter fallen Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten und einem Jahresumsatz oder einer Bilanzsumme von höchstens 2 Mio. Euro. Kleinstunternehmen, die die im BFSG genannte Produkte (z.B. Selbstbedienungsterminals, E-Book-Lesegeräte u.a. elektronische Verbraucherendgeräte) herstellen, sind unabhängig von ihrer Größe allerdings wiederum zur Barrierefreiheit verpflichtet.

Ab wann gilt das BFSG und welche Sanktionen drohen?
Das BFSG ist seit 2021 in Kraft und findet ab 28.06.2025 Anwendung. Alle betroffenen Wirtschaftakteure müssen bis dahin ihre Produkte und Dienstleistungen barrierefrei anbieten. Weitere Übergangsfristen gibt es nicht.

Überwacht wird die Einhaltung des BFSG durch die extra dafür geschaffene „Marktüberwachungsstelle der Länder für Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen“. Sie soll stichprobenartige Überprüfungen machen und auf Beschwerden von Verbrauchern hin tätig werden. Wer die Vorgaben des BFSG nicht erfüllt, kann von der Behörde zur Nachbesserung unter Androhung von Bußgeldern i.H.v. bis zu € 100.000.- aufgefordert werden.

Außerdem drohen wettbewerbsrechtliche Abmahnungen durch Mitbewerber, weil die Nicht-Einhaltung des BFSG ein Verstoß gegen das UWG-Recht sein dürfte.

Konsequenzen für Fotoprofis
Für Fotoprofis wird das BFSG nur ausnahmsweise relevant sein, und auch nur dann, wenn sie ihre Dienstleistungen (z.B. Hochzeits-, Familien-, Baby-Bauch-Fotografie etc.) oder Produkte gegenüber Verbrauchern anbieten (z.B. Verkauf von Fine-Art-Prints über den eigenen Online-Shop). Außerdem müssten sie ein Unternehmen mit mindestens 10 Angestellten führen und mehr als 2 Mio. Euro Umsatz machen. Konkret zutreffen dürften diese Kriterien beispielsweise auf große, umsatzstarke Foto-Studio-Ketten oder Anbieter von limitierten Kunstdrucken. Sie müssen beispielsweise ihre Websites barrierefrei gestalten, soweit Verbraucher über diese einen Vertrag, wie z.B. die verbindliche Buchung eines Fototermins oder den Kauf eines Kunstdrucks, schließen können.

Dennoch kann auch für Freelancer-Fotoprofis der Abbau von Barrieren Vorteile bringen:

Eine barrierefreie Gestaltung ihrer Websites steigert die Benutzerfreundlichkeit und damit die Kundenzufriedenheit.  Denn ist die Website unübersichtlich oder unvollständig gestaltet und unverständlich formuliert, ärgert dies jeden Nutzer. Aussagekräftige Bildunterschriften und Audiodeskriptionen sind SEO-technisch vorteilhaft. Sie können ein besseres Ranking in Suchmaschinen bewirken und damit wiederum den Website-Traffic steigern.

Außerdem ist zu erwarten, dass sich der Anwendungsbereich des BFSG in den nächsten Jahren erweitern wird. Fotoprofis, die sich bereits mit dem Thema beschäftigt haben, sind dann deutlich besser aufgestellt.

Die Gestaltung einer barrierefreien Website lohnt sich also auch für Fotoprofis schon jetzt!

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